Traumzaubereien

Traumtagebuch, Traumlexikon, Traumanalyse, Urlaubsträume, Gedanken, Humor, Geschichten, Texte und Träumereien über Alltägliches

diary, dream analysis, dream dictionary, dream magic, visions, dream symbols, fun, satire, stories, texts and dreams about everyday life

Samstag, 31. Januar 2015

Traum oder Albtraum? Stadtschreiber in Heiligenstadt

Rathaus Heiligenstadt
Euphorisch postet eine Freundin heute auf Facebook eine traumhafte Ausschreibung der Stadtverwaltung Heiligenstadt (Thüringen). Gesucht wird ein Stadtschreiber für ein Jahr - ein GANZES Jahr! Möglichst ein literaturbegeisterter Mensch von außerhalb, der eine neue Sicht auf das heilige Städtchen im Eichsfeld mitbringt - Alter egal. 

Geeignet wäre dieser bezahlte Freizeitspaß für unabhängige Kreative (mit eigenem Einkommen oder dem der Eltern), die mal was erleben, ein Sabbatjahr in heimischen deutschen Gefilden durchführen, ihren künstlerischen Horizont erweitern wollen, sonst grad nichts zu tun haben und auf keinen Fall dringend Geld brauchen. Die Interessenten sollten allerdings nicht nur gut schreiben, sondern auch verstehend lesen können.



Für diesen Job, der keiner sein soll, sondern einem Ehrenamtsposten ziemlich nahe kommt, werden blumig umschriebene Vergünstigungen angepriesen, nämlich eine monatliche Aufwandsentschädigung (Stipendium genannt) von 400 € sowie das kostenlose einjährige Wohnrecht für eine möblierte Wohnung. Erwartet wird eine ganze Menge: Neben einer regen Teilnahme am kulturellen Leben soll der Kandidat nach einer kurzen Eingewöhnungsphase (man muss den Ort als Wildfremder ja auch erst einmal kennenlernen) regelmäßige Veranstaltungen nach eigenem Ermessen (Ausstellungen, Musikdarbietungen, Lesungen) organisieren, Schulkinder anleiten sowie eine Chronik und eine Werbebroschüre für die über 1.050 Jahre alte Stadt auf die Beine stellen, natürlich mit Unterstützung der ortsansässigen Unternehmen. Wovon träumen die Heiligenstädter eigentlich nachts?^^


Traumjob oder Albtraumjob? 


"Nach eigenem Ermessen" klingt im ersten Moment auch ganz gut, doch dann entbrennt in den Kommentaren ein Streit über das Für und Wider - und ich mittendrin in der Fifty-Fifty-Position. Ich kann mich nämlich nur mühsam entscheiden, ob ich das Angebot nun gut finde oder nicht.

Hier ist übrigens die Ausschreibung für das traumhafte Angebot der Heiligenstädter, damit ihr wisst, worum es eigentlich geht (jetzt hätte ich beinahe Stadtstreicher getippt):

Stadtschreiber gesucht
 
Um das ganze Dilemma etwas abzukürzen, verwende ich mit freundlicher Genehmigung der Kommentatorinnen und Mitautorinnen Iris Bachmeier und Susanne Pavlovic (Textehexe) Auszüge ihrer Posts als Zitate. Ich hätte natürlich alles mit eigenen Worten wiedergeben können, aber das bezahlt mir ja keiner. Vielleicht sollte ich mich doch als Autorin für die vakante Stelle des Stadtschreibers in Heiligenstadt bewerben? Klingt ja schon irgendwie verlockend. Los geht's:



Iris:  Das hat mir grad eine Freundin weitergeleitet - wohnt vielleicht jemand in der Ecke, der sich dafür erwärmen kann?
Textehexe:  Ich frag mich immer, wie diese Konzepte aufgehen. Kündigt der künftige "Stadtschreiber" tatsächlich komplett seine Wohnung und zieht um? Wenn nein, wovon bezahlt er die auflaufende Miete? Ich meine, von 400 Euro Salär zahlt man als Künstler gerade mal seine Sozialabgaben/KV. Wovon leben die so? 
Claudia:  Die Miete ist umsonst (für ein Jahr) und die 400 € sollen ein Taschengeld sein. Geht also nur für junge Leute, die noch daheim bei Mama ein Zimmer haben und familienversichert sind.
Iris:  Das würde ich nicht sagen - wenn jemand in der näheren Umgebung wohnt und als noch relativ unbekannte/r Autor/in zumindest eine Verlagsveröffentlichung vorweisen kann, hat er oder sie für ein ganzes Jahr mietfrei und (wenn auch geringfügig) bezahlt Räumlichkeiten zur Verfügung, die er für eigene/literarische/künstlerische Veranstaltungen nutzen kann, oder nicht?
D. h. ich kann regelmäßige Lesungen organisieren, nebenbei Ausstellungsräume anbieten, Kontakte zu den regionalen Medien, Künstlern und Behörden knüpfen und vom Publikum ggf. Eintritt verlangen. Allein die PR-Erfahrung und die eigene Namensnennung bieten eine Basis, von der andere nur träumen können - ohne eigene Investition! ...


So, jetzt wird mir die Kopiererei zu mühsam, die weitere Diskussion steht im Screenshot. Aber das Schlusswort möchte ich euch nicht vorenthalten. Schließlich geht es um Hunde und Hunde ziehen immer.^^

Claudia:  Die Werbung in eigener Sache könnte nach hinten losgehen - aber auf jeden Fall wird erstmal drüber geredet. Wer wusste schon vorher, wo Heiligenstadt liegt?!
Iris:  "in der beschaulichen Mitte Deutschlands"
Claudia:  naja, die Mitte Deutschlands ist ziemlich flexibel, Heiligenstadt liegt eher am äußersten Rand dieser Mitte, wenn überhaupt. Das Eichsfeld ist bekannt für tolle Wurst und eigenwillige Menschen. Außerdem sollen dort bis heute Hunde gegessen werden, aber das ist sicher nur ein Gerücht.^^

Ich bedanke mich bei meinen beiden Mitstreiterinnen für den sachlichen und aufschlussreichen Disput über ein Thema, von dem wir unter normalen Umständen niemals erfahren, das wir nie in Erwägung gezogen und über das wir uns never ever Gedanken gemacht hätten. Danke Heiligenstadt. Danke Eichsfeld. Danke Thüringen. Danke Dienstwerk (hey, das bin ja ich). So bekommt man kostenlose Werbung! ^^

Screenshot, bearbeitet

Jetzt seid ihr dran! Ist das nun ein traumhaftes Angebot oder ist das keins?! Wollt ihr für ein Jahr ins beschauliche nordwestthüringer Heilbad Heiligenstadt ziehen, um dort zu texten, bis euch die Buchstaben aus den Ohren tropfen oder in die Fingerspitzen eingebrannt sind oder atmet ihr lieber zu Hause verbrauchte Luft? Möchtet ihr weiterhin einsam träumen oder endlich berühmt werden und mit einer Stadtbroschüre die Anerkennung bekommen, die ihr mit eurem Talent längst verdient habt? Dann bewerbt euch jetzt schriftlich, denn ihr habt nur noch bis Ende Februar Zeit. Ich klinke mich an dieser Stelle aus. 

Adresse der Stadtverwaltung steht >>>hier<<<

Träumt schön!

Traumzauberhafte Grüße, Claudia





Bildquelle: Wikipedia, „Rathaus Heiligenstadt“ von Michael Sander.

6 Kommentare:

  1. Am besten wäre es wohl, wenn man schon vorher ein festes Konzept hat, was man vor Ort machen kann und will. Ich denke, wenn das ganze gut vorbereitet ist, kann man sich innerhalb eines Jahres auch eine kleine Existenz als Kreativer aufbauen. Und zwar erst recht, wenn man zB auch vorhande Räumlichkeiten nutzen darf, etwa für Ausstellungen, Lesungen, Workshops undsoweiter.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das denke ich auch. Ich bin gespannt, ob sich ein geeigneter Kanditat findet, denn die Ausschreibungsfrist finde ich recht knapp.

      Löschen
  2. Nachdem eine Dame (ebenfalls Autorin) via Facebook die Kommentatorinnen mit Geiern vergleicht, die sich auf alles Gute stürzen, um es schlecht zu machen, zu zerreden und die Blogbetreiberin, also ich, obendrein noch bitterböse Gerüchte über die Eichsfelder in die Welt setzt, sehe ich mich veranlasst, mit meiner Antwort etwas Aufklärungsarbeit zu leisten:

    Liebe Inxxxx. Ich gehe mal wohlwollend davon aus, dass keiner von den beteiligten "Mitstreiterinnen" als Geier bezeichnet wird, sondern das nur allgemein und metaphorisch gemeint war.^^
    Ich finde, dass für eine solch schwerwiegende Entscheidung eine Bewerbungsfrist von gerade mal einem Monat viel zu knapp bemessen ist. Deshalb ist ein wenig Beachtung und Aufmerksamkeit durch provokatives Pushen nicht verkehrt. Denn es muss schon Einiges bedacht und geplant werden, zumal sich Heiligenstadt ja Bewerber von auswärts als Stadtschreiber wünscht. Sicher gibt es Leute, die sich gern dahinterklemmen würden, sodass möglicherweise alle Beteiligten davon profitieren. Die Interessenten sollten aber echt lesen können, auch zwischen den Zeilen. Das ist KEIN Jobangebot, das ist ein Ehrenamtsposten mit Tendenz zu 24/7.
    Ich arbeite selbst (und nicht zu knapp) ehrenamtlich im medizinischen und soziokulturellen Bereich, nichts läge mir also ferner, etwas Ähnliches negativieren oder zerreden zu wollen. Doch ich kenne genügend Bewerber, die zu allererst nach dem Verdienst für die ehrenamtliche Tätigkeit fragen. Wenn die dann hören: Bissel Aufwandsentschädigung, aber ganz viel investierte Freizeit (vorwiegend an den Wochenenden), dann lösen die sich ruckzuck in Luft auf. Iris' Aspekt mit den gut bezahlten Profis ist nicht von der Hand zu weisen und schon kann man die ganze Sache wieder aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Und das Ding mit "des deutschen liebstem Haustier" Herrjeh, das ist ein augenzwinkernder Insider, denn ich stamme ursprünglich aus der Gegend, naja aus der Nähe (Landkreis Gotha). Hat doch prima geklappt. ;)

    AntwortenLöschen
  3. Hmmm ... ich persönlich würde unter keinen Umständen von unserer heimatlichen Ecke wegziehen. Ich glaube nichtmal für einen dauerhaften Vollzeitjob. Das habe ich einmal im Leben gemacht und bitter bereut.

    Aber wenn nun jemand reiselustig ist, vielleicht eine Option ????? Vorausgesetzt, die Wohnung ist hinterher .. dann eben bezahlt .. auch weiterhin gesichert.

    LG
    Renate

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dafür muss niemand besonders reiselustig sein, man muss nur einmal hinfahren und einziehen - und nach einem Jahr wieder wegziehen oder aber dortbleiben. ;)

      Löschen
  4. Mich würde ja echt mal interessieren, was draus geworden ist.

    AntwortenLöschen